Sozialräumlicher Wandel KTV

Sozialräumlicher Wandel in postsozialistischen Städten. Die Kröpeliner Tor-Vorstadt als Transitraum.

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Projekt-Beschreibung

Rostock von ganz unten lautete der Titel einer TV-Dokumentation des Norddeutschen Rundfunks aus dem Jahr 1993. Im Film werden heruntergekommene, kaum noch bewohnbare, von Mangel und Vernachlässigung gezeichnete Häuser und Wohnungen gezeigt und deren Bewohner porträtiert. Arbeits- und Perspektivlosigkeit, sowie regel- und übermäßiger Alkoholkonsum bestimmen ihren Alltag im Rostocker Stadtteil Kröpeliner-Tor-Vorstadt (KTV). Knapp 20 Jahre nach der Entstehung dieser Dokumentation ist von der skizzierten Lebenswelt oberflächlich nichts mehr zu sehen. Die KTV ist heute ein sowohl bei jungen Menschen als auch bei Familien aus der Mittelschicht beliebtes als auch bekanntes Szene- und Studenten-Viertel mit zahlreichen Cafés, Bars sowie Geschäften. 

Die wissenschaftliche Untersuchung des Wandels der Kröpeliner-Tor-Vorstadt beschränkt sich auf den Zeitraum zwischen 1990 und 2000. Gebäudesanierungen und städtebauliche Aufwertungsmaßnahmen könnten, so die damalige Prognose, zu steigenden Mieten und damit zur Verdrängung der Stammbewohnerschaft führen, andererseits aber das Viertel für neue Bewohnermilieus (u.a. Studierende) attraktiv machen. Der sich seit der Jahrtausendwende tatsächlich vollziehende Wandel der KTV findet indes bis in die Gegenwart kaum wissenschaftliche Beachtung. Sowohl sichtbare strukturelle Veränderungen im Viertel als auch aktuelle Tendenzen der stadträumlichen Entwicklung laden zur neuerlichen Auseinandersetzung mit der KTV ein. Für eine detaillierte Untersuchung liegt es nahe, sich mit Akteuren des Wandels zu befassen. Im Zentrum des Vorhabens stehen daher neben Experten und Ladeninhabern vor allem Studierende und Postgraduierte. Gerade die zeitliche Begrenzung von Studienaufenthalten kann zu einer regelmäßigen Umwälzung der Bewohnerschaft führen und Städte oder Stadtteile zu Durchgangsräumen machen. 

Anliegen des Projekts ist die Aufdeckung potenzieller transiträumlicher Wahrnehmungs- und Handlungsstrukturen bei Studierenden. Die Analyse der kleinteiligen Einzelhandels- und Geschäftsstrukturen des Viertels rundet die Beschreibung des Wandels ab. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht das Verhältnis von Räumen und Akteuren. Einerseits konstituieren handelnde Personen Raum, bspw. durch Geschäftseröffnungen und die damit einhergehende Aushandlung von Angebot und Nachfrage. Andererseits können Räume in einer Lebensverlaufsperpektive eine spezifische Relevanz für Menschen entwickeln. Die Charakteristika solcher Transitzonen lassen sich auf die Kröpeliner-Tor-Vorstadt als Transitraum in historischer als auch in einer gegenwärtigen Perspektive übertragen. Weniger die zeitliche Komponente als vielmehr die ihnen inhärente Funktion ist kennzeichnend für Transiträume. Aus einer als Durchgang funktional limitierten Platzierung resultiert eine ebenfalls limitierte Syntheseleistung, die Akteure erbringen, und diese hat wiederum einen direkten Einfluss auf die Konstitution von Räumen. Eine weitere Frage ist, ob es in der KTV zu einer spezifischen Form der Gentrifizierung unter den Vorzeichen einer langen Schrumpfungs- und Wandlungsphase kommt.

Dieses von Studierenden des Masters Soziologie der Universität Rostock initiierte Forschungsprojekt wird gefördert durch das HERMES-Junior-Programm der HERMES-Forschungsförderung der Universität Rostock.

Vorträge & Präsentationen
  • "Lost in Transition? Kröpeliner-Tor-Vorstadt – Lifeworlds in the In-Between", Track 5 'Changing Neighbourhoods in the Moving City', Midterm Conference of the European Sociological Association Research Network 37 – Urban Sociology on 'Moving Cities: Contested Views on Urban Life'. June, 29th - July, 1st, 2016, Jagiellonian University, Krakow, Poland.
  • "Transitraum Kröpeliner-Tor-Vorstadt - gelebte Ambivalenz?" im Rahmen des 1. Sektionskongress der Wissenssoziologie (Arbeitskreis Phänomenologie), 08. bis 10.10.2015, Universität Koblenz-Landau.
  • "Lost in Transition? – Inkorporierte Ambivalenz und Leben im 'Dazwischen' am Beispiel der Rostocker Kröpeliner-Tor-Vorstadt" im Rahmen des 14. Treffen des Nachwuchsnetzwerks Stadt - Raum - Architektur zum Thema "Körper-Erfahrungen (in) der Stadt - Zugänge, Übergänge, Barrieren", 06./07.11.2015, Universität Hamburg.
  • Posterpräsentation "Sozialräumlicher Wandel in postsozialistischen Städten: Der Rostocker Stadtteil Kröpeliner-Tor-Vorstadt als Transitraum." im Rahmen der NachwuchsforscherInnentagung 2014: Soziaräumliche Forschungsperspektiven am Zentrum für Sozialweltforschung und Methodenentwicklung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.
Veröffentlichungen
  • Brandt, Stefan/Dörfler, Thomas/Jürss, Sebastian/Klärner, Andreas (2016): Phänomenologische und wissenssoziologische Perspektiven auf den Raum: Ort und Leib, Identitäten und Netzwerke in der beschleunigten Moderne In: Keller, Reiner/Raab, Jürgen (Hrsg.): Wissensforschung – Forschungswissen. Beiträge und Debatten zum 1. Sektionskongress der Wissenssoziologie. Weinheim: Beltz Juventa, S. 423-436.
  • Brandt, Stefan/Fischer, Hagen/Jahnel, Tina/Jürss, Sebastian/Dörfler, Thomas/Klärner, Andreas (2016): Lebenswelt Transitraum. Sinnbezüge zur Rostocker Kröpeliner-Tor-Vorstadt in rekonstruktiver Perspektive. In: Ludwig, Joachim/ Ebner von Eschenbach, Malte/Kondratjuk, Maria (Hrsg.): Sozialräumliche Forschungsperspektiven. Eine Zusammenstellung verschiedener disziplinärer Zugänge. Opladen: Verlag Barbara Budrich, S. 171-187.
Presse-Berichterstattung
  • Transitraum KTV, Pressemeldung der Universität Rostock vom 07.08.2014.
  • Universität Rostock (2015): Gewinner des HERMES-JUNIOR-Förderungsprogramms. Akademisches Jahrbuch der Universität Rostock 2013/2014, S. 180.
  • Stefan Brandt, Radio-Interview, 2014-09-22.
Impressionen: Kröpeliner Tor-Vorstadt

Die aufgeführten Bilder zeigen ausgewählte Motive und Plätze in der Rostocker Kröpeliner Tor-Vorstadt. Die Aufnahmen sind im Zeitraum 10/2011 bis 11/2011 entstanden.